Geistliches Testament

Andächtige Seele! wisse, dass dieses folgende Testament, welches ich aus den Offenbarungen der heiligen Gertrudis und Mechtildis sorgfältig zusammengetragen habe, ein sehr kräftiges Mittel ist, ein seliges Ende zu erhalten. Man pflegt ja in seinem Leben ein Testament zu machen, und noch bei Gesundheit und Verstand dasjenige zu tun, was man an seinem Ende tun soll, warum sollten wir nicht frühe genug unser geistliches Testament aufsetzen. Haben wir das treulich gemacht und suchen wir es zu halten, dann wird‘s nicht viel schaden, wenn man auch eines jähen Todes sterben würde. Dazu ist es ein Gott sehr angenehmes Gebet, so dass, wenn ich den einen Artikel nach dem andern erklären und dessen Kraft auslegen würde, du dich höchlich verwundern würdest, dass unter so schlichten und wenigen Worten eine so große Kraft verborgen liege. Darum rate ich dir als ein treuer Freund, dass du es alle Monate, wenn es füglich geschehen kann, einmal nach der Hl. Kommunion betest. Wenn du aber krank bist und es nicht beten kannst, so lass es dir vorlesen und antworte auf jeden Artikel mit diesen Worten: „Ja, das ist mein Wille und meine Meinung.“ Sei gewiss, dass nichts die Seele mehr im Glauben, in der Hoffnung und der Liebe stärken und die Gewalt des bösen Feindes mehr brechen kann, als eben dieses Testament. Ja, ich darf dir kecklich (zuversichtlich) sagen, dass, wenn Du es vor deinem Tode, in deiner letzten Krankheit nur einmal mit treuem Herzen beten wirst, du nicht verloren gehst. Darum bete es mit möglichster Andacht und sprich:

Geistliches Testament

Im Namen Gottes + des Vaters und des + Sohnes und des + heiligen Geistes. Amen. Da ich armer sündiger Mensch gewiß und versichert bin, dass ich einmal werde sterben müssen, aber nicht weiß, wie es mir in meinem Tode ergehen wird, so will ich jetzt, da ich noch bei gutem Verstande bin, mit Dir, meinem Gott, gründlich abrechnen und mich vor Dir erklären, wie ich zu leben und zu sterben wünsche. Zugleich bekenne ich, dass ich dieses mein Testament nicht zu machen begehre um irgend eines Trostes oder Nutzens willen, sondern allein um Deines göttlichen Wohlgefallens willen und um Dich nach Deiner Würdigkeit zu lieben und zu verehren. Weil aber mein Herz so unandächtig und unfähig ist, dieses hochwichtige Geschäft würdig zu verrichten, darum begehre ich es zu tun in der Kraft und der Wirkung des allersüßesten Herzens Jesu Christi, nämlich mit solch tiefster Demut, mit solch inbrünstiger Liebe, mit solch reiner und aufrichtiger Meinung, mit welcher Christus dich, seinen ewigen Vater, angebetet, verehrt und geliebt hat. Ich habe auch den Willen und die Meinung, dieses mein Gebet nicht allein in meinem Namen zu verrichten, sondern im Namen aller Geschöpfe, die gewesen sind, noch sind und sein werden in Vereinigung mit allen heiligen Übungen, die von Christus und allen Heiligen jemals geschehen sind. Siehe deswegen, o allergütigster Vater! vom hohen Himmel herab und stelle Dir vor, als ob Du Deinen herzallerliebsten Sohn am Ölberge in seiner Todesangst mit höchster Andacht vor Dir knien und sein Testament mit dir machen sähest, und gleichwie du damals sein allerheiligstes Gebet mit höchstem Wohlgefallen angenommen hast, also wollest auch Du jetzt mein Testament, das ich mit dem seinigen vereinige, annehmen und zu deiner höchsten Ehre und Verherrlichung gereichen lassen.
Nun bezeichne dich mit dem kleinen Kreuze und fange also an:
1. Ich armer, unwürdiger Mensch ___________________________(Name) bekenne hier vor Dir, o allerheiligste Dreifaltigkeit! und vor der allerseligsten Jungfrau Maria, vor meinem lieben Schutzengel, vor allen Heiligen und vor meinen heiligen Patronen, die ich zu Zeugen nehme, dass Du, o Gott! aus lauter Gnade Durch deine väterliche Allmacht und Güte um deinetwillen mich erschaffen, durch den bitteren Tod deines lieben Sohnes Jesus Christus von der Gewalt des bösen Feindes mich erlöset und durch die Gnade des Heiligen Geistes in der heiligen Taufe und den anderen Sakramenten mich geheiligt und zu Deinem wenngleich unwürdigen Kinde mich angenommen hast. Deswegen bekenne ich Dich allein als meinen wahren Gott und Herrn, der vollkommen Gewalt und Macht über mich hat und dem allein ich mit Leib und Seele und allem, was ich habe, zu eigen und zu dienen verpflichtet bin. Dieses zu tun erkläre ich mich nach allem meinem Vermögen für alle Ewigkeit bereit.
2. Alle Gnaden und Güter, die ich während meiner ganzen Lebenszeit an Seele und Leib, in geistlichen, leiblichen und zeitlichen Dingen empfangen habe, schreibe ich Dir, meinem Gott! allein zu und bekenne, dass Du nach Deiner grundlosen Barmherzigkeit und durch die Fürbitte deiner lieben Heiligen mir tausendmal mehr Gutes getan hast, als ich um dich je verdient habe; dass Du auch mein ganzes Leben mit solcher Macht, Weisheit und Güte regiert hast, wie dieses kein einziges Geschöpf hätte zu tun vermocht. Für alles dieses sage ich Dir, meinem lieben, gütigen Gott! unendlichen Dank und lege zur Dankbarkeit meine Seele und meinen Leib und alles, was ich empfangen habe, freiwillig und freudig dir zu Füßen.
3. Den wahren Glauben, den ich in der heiligen Taufe empfangen wie auch alle Glaubensartikel glaube und bekenne ich, wie sie die wahre katholische Kirche glaubt und bekennt. In diesem wahren, katholischen Glauben begehre ich zu leben und zu sterben und will lieber meinen Leib und mein Leben, Gut und Blut verlieren, als von diesem wahren Glauben abweichen oder einen einzigen Artikel desselben verleugnen. Ja, wenn schon jemand mit einem gezückten Schwerte hinter mir stünde, so wollte ich tausendmal lieber meinen Kopf hingeben, als im geringsten etwas gegen diesen Glauben reden oder tun.
4. Wenn ich vielleicht in meinem Tode (was Gott verhüten wolle) durch teuflische Eingebung oder auf was immer für eine Weise etwas diesem wahren Glauben zuwider denken, reden oder tun sollte, so will ich dasselbe hiermit ganz und gar vernichtet und widerrufen haben und beteuere jetzt noch bei gutem Verstande, dass solches ganz wider meinen Willen geschehe. Daher empfehle ich, o mein Gott! diesen meinen Glauben deiner Allmacht, Weisheit und Güte und verschließe ihn in die rosenfarbenen Wunden Jesu Christi und in den treuen Schutz aller meiner lieben heiligen Patronen, damit er unverfälscht bleibe und durch keine teuflische Gewalt umgestoßen oder entkräftet werden könne.
5. Alle Sünden, die ich von Jugend auf bis auf diese Stunde mit Gedanken, Worten und Werken gegen Gott, gegen meinen Nächsten und gegen mich selbst wissentlich oder unwissentlich, mit Unterlassung des Guten oder Ausübung des Bösen oder auf irgend eine andere Weise begangen habe, sind mir von Grund meines Herzens leid allein darum, weil ich dich, meinen treuherzigsten, gütigsten und allerliebsten Gott, der Du einzig und allein aller Liebe würdig bist und der Du aus lauter Liebe gegen mich dein rosenfarbenes Blut vergossen und einen solch bitteren Tod gelitten hast, so schwer erzürnt uns beleidigt habe. Ach, ich wollte, meine Sünden möchten mir so leid sein, dass mir mein Herz vor lauter Leid und Schmerz in taufend Stücke zerspränge! Zum Ersatze für die Reue, die ich nicht habe, opfere ich Dir auf den herzlichen Schmerz, welchen Dein lieber Sohn über die Sünde empfunden hat.
6. Ich erbiete mich hiermit Dir für alle dieselben ein vollkommenes Genüge zu leisten und alle jene Strafen, welche Deine Gerechtigkeit von mir fordern wird, es sei in dieser oder in jener Welt, wie, wo, wann und in welcher Weise Du willst, von Herzen gerne auf- und anzunehmen und geduldiglich zu leiden, damit ich Dir die Ehre; welche ich Dir durch meine Sünden genommen habe, nach meiner Möglichkeit wiedergebe.
7. Damit ich aber um so besser für meine Sünden Genugtuung leisten könne, darum nehme ich meine Zuflucht zu den Verdiensten Jesu Christi und zur gänzlichen Nachlassung und Bezahlung aller meiner Vergehen opfere ich Dir auf die allerheiligsten Bußwerke und die Genugtuung, welche Dein eingeborener Sohn Jesus Christus von der Stunde an, da er in die Krippe ist gelegt worden bis auf den Augenblick, da er mit höchsten Schmerzen am Kreuze seinen Geist aufgegeben, verrichtet hat. In seine heiligsten Wunden und in seinen bitteren Tod versenke und verberge ich alle meine Sünden und bitte dich, o mein liebster Gott! du wollest dieselben mit dem rosenfarbenen Blute Christi abwaschen und in dem Feuer der Liebe, welches allezeit in seinem heiligsten Herzen brennt, gänzlich tilgen und verbrennen.
8. Alle, die ich jemals in irgend einer Weise erzürnt habe, bitte ich demütiglich um Verzeihung und bin bereit, allen Schaden, so ich an Ehre oder Gut ihnen zugefügt habe, zu ersetzen. Allen, die mich jemals beleidigt haben, verzeihe ich von Grund meines Herzens gleichwie Christus am Kreuze seinen Feinden verziehen hat und um Deiner Liebe willen verzichte ich auf alle Genugtuung, die ich mir an ihnen hätte nehmen können.
9. Ich erkenne und bekenne, dass ich durch meine guten Werke nicht selig werden kann, darum verlasse ich mich auch gar nicht auf dieselben, sondern ich verlasse und vertröste mich völlig auf Deine grundlose Barmherzigkeit und auf das bittere Leiden und Sterben Jesu Christi und auf die Fürbitte und Verdienste aller Heiligen, und ich trage eine solch starke Hoffnung und feste Zuversicht auf dieselben, dass ich nicht glauben kann, Du könntest mich verstoßen. Ja, wenn ich schon tausendmal mehr gesündigt hätte, als ich wirklich getan und wenn ich schon wüßte, dass Du tausendmal mehr über mich erzürnt wärest, als Du es bist, so wollte ich doch nicht im geringsten an Deiner Barmherzigkeit verzweifeln, denn ich weiß, dass dieselbe unendlich größer ist als meine Sünden und ich weiß auch, wie ungern Du eine einzige Seele verdammst, daher ist mir auch nicht bange, vor deinem strengen Gerichte zu erscheinen, denn ich kann mir nicht denken, Du könntest mich verstoßen, da Du ja mich so herzlich liebst und durch den bitteren Tod Deines lieben Sohnes so teuer erkauft und erlöst hast.
10. Meinen Leib und meine Seele und alles, was ich Gutes haben werde, opfere ich Dir auf zu Deinem ewigen Lobe mit solch aufrichtiger Meinung und vollkommener Hingabe, wie Du, mein Gott und Herr! es verlangen kannst, so dass Du mit mir nach Deinem heiligen Willen schalten und verordnen kannst. Ich begehre, keine Stunde länger zu leben, als es dir gefällt und bin bereit, zu sterben und eine solche Krankheit und einen solchen Tod zu leiden, wie es Deinem allergerechtesten Willen am wohlgefälligsten sein mag. Ja, wenn es mir freistünde, noch tausend Jahre in allen Freuden zu leben, so wollte ich doch viel lieber um Deiner Liebe willen jetzt den Tod leiden, wenn Du es so bestimmtest, als gegen Deinen Willen noch einen einzigen Augenblick leben.
11. Ich liebe Dich, o mein Gott! von Grund meines Herzens allein deswegen, weil Du ein so liebreicher, freundlicher, gütiger, süßer und barmherziger Gott bist, und ich begehre Dich zu lieben in alle Ewigkeit, selbst wenn ich wüßte, dass ich dafür nicht den geringsten Lohn oder Dank von Dir zu hoffen hätte. Ich wollte, dass ich Dich tausendmal mehr liebte, als ich es tue, ja, ich wollte, dass ich alle Liebe besäße, welche in allen erschaffenen Herzen jemals gewesen ist. Weil ich aber Dich nicht genug lieben kann, so bitte ich, Du wollest Dich selbst für mich lieben und loben, wie Du geliebt und gelobt zu werden in dir selbst würdig bist.
12. Zuletzt bezeuge ich, dass ich zu sterben begehre wie ein frommer katholischer Christ, und verlange, das hochheiligste Sakrament der Buße, die heilige Kommunion und die heilige Ölung mit solcher Andacht zu empfangen, wie dieselben von einem Menschen nur immer empfangen werden können. Wenn ich vielleicht in meinem Tode den Verstand verlieren und die heiligen Sakramente nicht mehr sollte begehren können, so bezeuge ich hiermit, dass ich ohne dieselben nicht sterben will, sondern will demütiglich und von Herzen jetzt gebeten haben, dass man mir dieselben reichen wolle. Ich begehre auch und wünsche von Herzen, dass ich aller heiligen Messen und Gebete, so nach meinen Tode werden verrichtet werden, teilhaft werden möge. Ich bezeuge hier vor Dir, o, mein Gott! dass ich, wenn ich die Mittel hätte und es ohne Verletzung der Gerechtigkeit tun könnte, heute anordnen wollte, dass man von diesem Tage an bis zum jüngsten Tage in aller Kirchen der ganzen Christenheit alle Tage eine heilige Messe für meine arme Seele lesen sollte. Weil ich aber dieses, obschon ich es herzlich gern täte, nicht tun kann, so bitte ich Dich, o allersüßester Jesus! Du wollest dieses für mich verrichten und Dich selbst Deinem Vater auf die allervollkommenste Weise für mich aufopfern, zur Bezahlung aller Strafen, so ich ihm noch schuldig bin. Ich bitte Dich auch, o Christe Jesu! Du wollest meiner Seele in ihrer letzten Not nur einen einzigen von jenen Seufzern, die aus Deinem betrübten Herzen am heiligen Kreuze aufgestiegen sind, schenken, und mir nur ein einziges Tröpflein Deines kostbaren Blutes, welches aus Deinem Herzen geflossen ist, zu Gute kommen lassen, dann will ich fröhlich meinen Geist in Deine Hände übergeben. Amen.
Versiegelung des Testamentes.
Nun Denn, o allerhochwürdigste Dreifaltigkeit ! vor Dir und vor dem ganzen himmlischen Heere und vor aller Welt bekenne, offenbare und bezeuge ich, dass alles, was in diesen zwölf Artikeln enthalten ist, mein gänzlicher, aufrichtiger und ernstlicher Wille sei und dass ich hierbei zu leben und zu sterben begehre. Ich will, dass dieses mein Testament und mein Gelübde niemals widerrufen oder umgestoßen werden könne, sondern es soll vor, in und nach meinem Tode in seiner Kraft unverbrüchlich verbleiben. Wenn es sich aber zutragen sollte, dass ich durch irgend ein Geschick dieses mein Testament widerrufen würde, so bezeuge ich hiermit, dass dieser Widerruf nichtig und ungültig sein soll.
Zu diesem Ende bitte und ersuche ich Dich, o allergütigster Jesus! Du wollest dieses verhindern, und weil ich weder im Himmel noch auf Erden einen treuherzigeren Freund habe, dem ich sicherer vertrauen kann, als eben Dir, darum übergebe ich Dir dieses Testament und bitte Dich, Du wollest es mit Deinem allerheiligsten Namen und mit Deinem rosenfarbenen Blute unterschreiben, wie auch mit Deinen heiligen fünf Wunden bekräftigen und versiegeln. Auch bitte ich Dich, o Du allerseligste Jungfrau Maria! Du wahre Mutter des ewigen Königs, den heiligen Johannes den Evangelisten, die heiligen Jungfrauen Gertrudis und Mechtildis und alle heiligen Patronen, ihr wollet dieses mein Testament bestätigen und es in das allerhochwürdigste Herz Jesu Christi, als in die Schatzkammer der allerheiligsten Dreifaltigkeit legen, damit dasselbe zu jeder Zeit und in vorfallender Not der göttlichen Majestät vorgezeigt werden kann.
Zur größeren Sicherheit will ich die Abschrift dieses Testamentes bewahren und mit eigener Hand und Namen unterschreiben, damit vor Gott und den Menschen kund und offenbar werde, wem ich eigentlich mit Leib und Seele angehöre und wie ich zu leben und zu sterben begehre. Amen.
Dieses bezeuge hiermit ich unwürdiges Geschöpf Gottes _______________________________________ (Name und Unterschrift)

 

Aus „Gebetbuch der Heiligen Gertrudis und Mechtildis“ von P. Martin v. Cochem

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Er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und gerettet wird. (Jer. 31,20)